Hinweise für den Leser
Dies ist eine überarbeitete Version des Textes „financial
crisis explained by the theory of Freigeld“. Viel Neues wurde nicht
hinzugefügt. Einige Grafiken wurden aktualisiert, das Englisch mithilfe eines
Übersetzungsprogramms verbessert und der Text neutraler (entideologisiert)
gestaltet. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch eine deutsche Fassung erstellt.
Allerdings gibt es zu diesem Thema viel deutschsprachige Literatur, sodass es
für deutsche Leser eher uninteressant ist. Ich verweise beispielsweise auf
Schriften von Bernd Senf und Helmut Creutz sowie auf die Natürliche
Wirtschaftsordnung e. V. (INWO).
Einführung
Die
Volkswirtschaftslehre ist eine Wissenschaft der Perspektiven. Sie erfordert ein
Verständnis der gegensätzlichen Interessen von Käufern und Verkäufern,
Gläubigern und Schuldnern, Angebot und Nachfrage usw. Sie ist somit ein
dialektisches System, in dem die Wissenschaft nach der Synthese sucht,
beispielsweise in Form der Gleichgewichtstheorien zur Preisbildung.
Eine der vielen
Perspektiven ist die Zinskritik. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der
Zinstheorie. Sie befasst sich mit den negativen Aspekten der Zinsen. Der
Diskurs wird jedoch überwiegend außerhalb der Ökonomie geführt. Sie eignet sich
gut, um die Herausforderungen unseres bestehenden Geldsystems zu
charakterisieren und erleichtert die Beschreibung der Prozesse, die zu
deflationären Wirtschaftskrisen führen. Sie ermöglicht die Einführung von
Konzepten wie Ungleichheit, Krisen und Wachstumsgrenzen und verbessert die
Möglichkeiten von Vorhersagen.
Dieser Aufsatz untersucht unser Geldsystem makroökonomisch anhand aggregierter Werte unter Berücksichtigung eines Zeit- und Zinsaspekts. Die gängigen Gleichgewichtstheorien werden nur kurz angesprochen und eingeordnet.
1 Wesen und Entstehung des Geldes
Geld spielt in unserem
täglichen Leben eine wichtige Rolle. Es ist eine gesellschaftliche
Errungenschaft, die Arbeitsteilung ermöglicht und somit für das moderne Leben
unverzichtbar ist.
·
Es ist ein
Zahlungsmittel und macht den direkten Warenaustausch überflüssig.
·
Es ist ein
Tauschmittel, das die Preisfestsetzung und den Wertvergleich verschiedener
Güter ermöglicht.
·
Es dient
bedingt als Wertaufbewahrungsmittel und ermöglicht einen späteren, günstigeren
Tausch.
Aus einer materiellen
Sicht sind wir auf die Ressourcen angewiesen, die uns durch unser Dasein auf
dieser Welt zur Verfügung stehen. Aus Sicht des menschlichen Kollektivs müssen
diese Ressourcen dort ankommen, wo sie benötigt werden, um unser Überleben zu
sichern. Aus einer makroökonomisch marktwirtschaftlichen Sicht sind die oben
beschriebenen Funktionen des Geldes unser bevorzugtes Instrument zur Verteilung
dieser Ressourcen.
Aus einer individuellen
bzw. mikroökonomischen Perspektive handelt es sich um eine Verhandlung zwischen
Akteuren über die Annahme von Geld im Austausch für Waren und Dienstleistungen.
Wer Waren oder Dienstleistungen verkauft, kann darauf vertrauen, das erhaltene
Geld wieder gegen Waren oder Dienstleistungen eintauschen zu können, die den
eigenen Bedürfnissen oder Wünschen entsprechen. So gesehen kann Geld auch als
Forderung verstanden werden. Der Anbieter bzw. Verkäufer bietet der
Gesellschaft Waren oder Dienstleistungen an und erhält durch das verdiente Geld
das Recht, von der Gesellschaft Waren oder Dienstleistungen von vergleichbarem
Wert zurückzufordern. Auch Rohstoffe wie Gold oder andere Güter, die in der
Frühgeschichte des Geldes wie Geld gehandelt wurden, können so als Forderung
betrachtet werden.
Der Wert des Geldes
ist in dieser individuellen Sichtweise eine Forderung.
So ist die Beschreibung
des Geldwerts als Ware oder als Forderung eine dieser typischen Möglichkeiten
unterschiedlicher ökonomischer Perspektiven. Unterschiedliche Perspektiven bzw.
unterschiedliche Definitionen des Wirtschaftssystems, etwa die mikroökonomische
oder makroökonomische Sichtweise, führen zu unterschiedlichen
Charakterisierungen. Diese führen zwar nicht zwangsläufig zu Widersprüchen,
aber oft zu unterschiedlichen Interpretationen der Ereignisse. Für sich
genommen sind diese Perspektiven zwar alle richtig, bieten aber immer nur einen
Teil der Realität. Das bedeutet aber auch, dass die ökonomische Debatte an Wert
gewinnen würde, wenn die Perspektive bzw. Definition ökonomischer Strukturen
häufiger berücksichtigt würde.
Ökonomie ist immer eine
Verteilungsfrage. Der wissenschaftliche Diskurs wird von zwei gegensätzlichen
Glaubenssätzen geleitet, die sich mit den Begriffen Gewinn und Nutzen
zusammenfassen lassen.
Auf den Kapitalmärkten
gelten die Regeln der Gewinnoptimierung. Ziel ist es, den höchstmöglichen
Gewinn zu erzielen und sich möglichst viele Ressourcen anzueignen. Gewinn kann
sehr gut als monetäre Größe dargestellt werden. Dieser Glaubenssatz ist einfach
zu verstehen und in unseren Urinstinkten verankert. In der orthodoxen Ökonomie
wird dies zum Gesetz erhoben.
Ist Nutzen jedoch etwas
anderes als maximaler Gewinn, dann besteht das Ziel darin, die verfügbaren
Ressourcen bestmöglich zu nutzen und sie mit möglichst geringem Aufwand dort
einzusetzen, wo sie benötigt werden. Dieser Nutzen lässt sich monetär nur schlecht
beschreiben und ist als Glaubenssatz in unserer kulturellen Entwicklung
verankert.
Gerechtigkeit ist der
zentrale Begriff. Nehmen wir das Beispiel Arbeit als Ressource, dann gilt es
sie gerecht zu verteilen. Je besser die Arbeit auf viele Schultern verteilt
wird, desto geringer wird der Aufwand für den Einzelnen. Optimierung der Arbeitsteilung
wäre der ökonomische Begriff für diese Zielstellung.
So wie Ökonomie eine
Verteilungsfrage ist, so gehen die Meinung über die Verteilung auseinander, je
nachdem wen man fragt.
1.1
Geldschöpfung
Wenn wir Geld als Forderung betrachten, können wir Banknoten auch als eine Art Schuldschein betrachten. Der materielle Wert dieser Scheine muss nicht unbedingt mit den aufgedruckten Zahlen übereinstimmen. Bargeldlose Zahlungen sind immaterielle Zahlen im Computernetzwerk des Bankensystems. Und da die meisten Zahlungen in vielen Ländern bargeldlos erfolgen, könnte man argumentieren, dass Geld praktisch immateriell ist.
Doch wir sollten uns
nicht täuschen. Geld wird nach wie vor als Ware und realer Vermögenswert
betrachtet, der durch seine Forderungsfunktion eng mit der Realität verbunden
ist. Es beeinflusst fast alle Entscheidungen in unserem Leben auf allen Ebenen.
Ist Geld knapp, muss es
von der Bank geliehen werden. Das moderne System der Banken und Zentralbanken
regelt Angebot und Nachfrage nach Geld, hält Ersparnisse im Umlauf und
reguliert die Nachfrage nach neuem Geld durch Kredite.
Banken können durch
multiple Geldschöpfung neues Geld schaffen, wenn die Geldnachfrage die
ausleihbaren Ersparnisse übersteigt.
Wenn wir Geld als
Forderung betrachten, können wir Banknoten auch als eine Art Schuldschein
betrachten. Der materielle Wert dieser Scheine muss nicht unbedingt mit den
aufgedruckten Zahlen übereinstimmen. Bargeldlose Zahlungen sind immaterielle
Zahlen im Computernetzwerk des Bankensystems. Und da die meisten Zahlungen in
vielen Ländern bargeldlos erfolgen, könnte man argumentieren, dass Geld
praktisch immateriell ist.
Doch wir sollten uns
nicht täuschen. Geld wird nach wie vor als Ware und realer Vermögenswert
betrachtet, der durch seine Forderungsfunktion eng mit der Realität verbunden
ist. Es beeinflusst fast alle Entscheidungen in unserem Leben auf allen Ebenen.
Ist Geld knapp, muss es
von der Bank geliehen werden. Das moderne System der Banken und Zentralbanken
regelt Angebot und Nachfrage nach Geld, hält Ersparnisse im Umlauf und
reguliert die Nachfrage nach neuem Geld durch Kredite.
Banken können durch
multiple Geldschöpfung neues Geld schaffen, wenn die Geldnachfrage die
ausleihbaren Ersparnisse übersteigt.
Abbildung 1) multiple Geldschöpfung |
Ein Teil der Ersparnisse muss als Reserve gehalten werden, während der andere Teil verliehen werden kann. Das verliehene Geld fließt zurück in das Bankensystem und erhöht die Primärersparnisse. Dies ist eine sehr kurze Beschreibung eines abstrakten makroökonomischen Modells der Geldschöpfung. Es handelt sich um etwas, das in den kontinuierlichen und individuellen Transaktionen zwischen Banken und Zentralbanken nicht als multiple Geldschöpfung erkannt werden kann. Würden die Primärreserven konstant gehalten, würde das Geldmengenwachstum zu einem endlichen Anstieg führen.
Das Verhältnis zwischen
Reserven und Ersparnissen ist der Hebel. Je höher die gesetzlichen Reserven,
desto geringer der Hebel und desto weniger Spielraum für Kredite und
Geldschöpfung.
Aus mikroökonomischer
Sicht bzw. aus Sicht des privaten Sektors verschwinden Schulden, sobald die
letzte Rate gezahlt wird. Aus makroökonomischer Sicht bzw. aus Sicht des
Geldsystems hält der Prozess des Leihens und Verleihens Geld im Umlauf. Es ist
ein Prozess ohne Anfang und Ende. Schulden werden nie verschwinden. Sie sind
ein unvermeidlicher Bestandteil unseres Geldsystems.
Aber Geldschöpfung ist
kein Kreislauf, sondern eine Wachstumsspirale
Abbildung 2) die monetäre Wachstumsspirale
(Creutz) |
Aus makroökonomischer
bzw. aggregierter Sicht bedeutet dies, dass das geliehene Geld nicht nur
zurückgezahlt, sondern durch die Zinstilgung auch vermehrt wird, da dadurch
auch die beleihbaren Reserven steigen. Auch dies ist ein abstraktes Modell, das
im alltäglichen Geschäftsverkehr nicht sichtbar ist.
Aufgrund der Zinstilgung
ist die Geldnachfrage stets höher als die verfügbaren und verleihbaren
Ersparnisse. Orthodoxe Ökonomen beschreiben dies mit dem Theorem, dass Geld
stets ein begrenztes Gut ist. Dies führt zur
sogenannten Wachstumsspirale.
2 Monetärer Zeitstrahl und Zinskritik
Wenn die Geldwachstumsspirale auf einer Geraden abgewickelt wird, entsteht der Zeitstrahl des Geldes. Er ist ein wichtiges Erklärungsmodell in der Zinskritik.
![]() |
Abbildung 3) monetärer Zeitstrahl |
Die Geldmenge wächst in einem zinsbasierten Geldsystem exponentiell durch den Zinseszinseffekt. In krisenfreien Zeiten wird der Großteil des Kapitals verliehen, sodass die Gesamtverschuldung ebenfalls exponentiell und spiegelbildlich zum Geldvermögen anwächst.
Die Schulden- oder
Passivseite wird auch als Produktivitätsseite bezeichnet, da Schuldner
produktiv sein müssen, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Letztlich verleiht
dieser Zwang zur Rückzahlung dem Geld seinen Wert. Der Zinsüberschuss bzw.
Zinsrückfluss, betrachtet als Aggregat in der Wachstumsspirale des Geldes,
führt zu einem kontinuierlichen Anstieg der Geldmenge und kontinuierlicher
Nachfrage nach neuem Geld.
Er führt auch zu einem
permanenten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, das auf der Aktivseite der
Geldmengenwachstumsachse dargestellt werden kann. Unabhängig davon, ob das
nominale oder das reale BIP dargestellt wird, unterstreicht dies die
unterschiedlichen Verläufe von BIP und Geldmenge und zeigt, dass zwischen
diesen beiden Kurven kein direkter Zusammenhang besteht, insbesondere wenn der
Großteil des BIP einer Volkswirtschaft auf der Produktion realer Güter und
Dienstleistungen und nicht auf Finanztransaktionen basiert. Muss diese
Korrelation jedoch bestehen, wenn wir das Modell einer geschlossenen
Volkswirtschaft betrachten? Wie die Welt des Geldes mit der Realwirtschaft der
Güter und Dienstleistungen verknüpft werden kann, ist in den Wirtschaftswissenschaften
nach wie vor ein anhaltender Streitpunkt. Zwei Aspekte sind jedoch
wahrscheinlich sicher.
Es ist selbstverständlich, dass Geld über den Preis mit materiellen Gütern und Dienstleistungen verknüpft ist. Geld dient als Rechnungseinheit. Dabei ist die Preisbildung in der Ökonomie als zentrales Objekt des Gleichgewichtsmodells gut entwickelt.
Der zweite Aspekt der
Verknüpfung von Geld mit der Realwirtschaft besteht darin, dass Geldvermögen
durch Forderungen und Sicherheiten gedeckt ist und die kontinuierliche
Nachfrage der Schuldner nach neuem Geld den Geldbestand stets begrenzt hält,
was dem ökonomischen Theorem entspricht, dass Geld immer ein begrenztes Gut
ist. Es hält Geld im Umlauf und sichert seinen Wert.
Wie bereits erwähnt, ist
die Wirtschaft ein System von Perspektiven. Wenn die Forderung nach einem
nachhaltigen und langfristigen Geldsystem statt nach maximalen Kapitalrenditen
besteht, wirft ein zinsbasiertes System mehrere kritische Probleme auf.
Das kritische Problem ist
nicht das exponentielle Wachstum des Systems. Wäre das Geld neutral, würden
nicht nur Geld und Preise, sondern auch Einkommen gleichmäßig wachsen.
Kaufkraft und Vermögensverteilung blieben für alle konstant. Die schlimmste
Konsequenz ist, dass steigende Preise zu steigenden Zahlen führen und im Laufe
der Zeit bei einer Währungsreform das Komma verschoben werden muss.
Die kritischen Probleme werden durch den Zinseszins verursacht und in der Zinskritik beschrieben, die drei Hauptpunkte auflistet.
2.1
Massenanziehungskraft von
zinsbasiertem Geld.
Zinseszins ist das effektivste Mittel zur Geldvermehrung. Es liegt auf der Hand: Je mehr ein Gläubiger verleiht, desto höher ist die Rendite.
Abbildung 4) Vergleich Vermögenswachstum |
Finanzinvestoren verfügen über Millionen oder Milliarden. Kleinsparer haben deutlich weniger Geld zum Sparen bei wahrscheinlich niedrigeren Zinsen und sind im Gegensatz zu Großsparern gezwungen, ihre Einkünfte und Ersparnisse ganz oder teilweise zu verbrauchen. In der Regel können Kleinsparer ihre Ersparnisse nicht lange genug behalten, um vermögend zu werden. Die Wirtschaft ist ein antagonistisches System, d. h. Investitionen oder Ersparnisse benötigen ein Gegenüber in Form von Schuldnern. Mit steigenden Ersparnissen steigen auch die Schulden. Folglich wachsen nicht nur die Ersparnisse der Kleinsparer nicht, sondern die Schulden verteilen sich auf die Gesellschaft und wachsen ebenso wie die großen Investitionen. Dies ist ein automatischer Prozess, der durch das mathematische Gesetz des Zinseszinses bestimmt wird.
![]() |
Abbildung 5) zeitlicher Verlauf der Umverteilung von Geldkapital |
Ohne Gegenmaßnahmen führt dies unweigerlich zu einer starken Vermögensungleichheit. Die europäische Geschichte ist eine Abfolge von Kriegen, Bürgerkriegen und Revolutionen. Die Suche nach den Ursachen dieser Gewaltausbrüche führt stets zu Kausalketten, die mit Forderungen, Verbindlichkeiten, der Befriedigung oder Nichtbefriedigung von Besitztümern oder dem Ausschluss von Vermögen oder gar Existenzgrundlagen beginnen.
Es ist offensichtlich, dass eine Konzentration des Geldkapitals in der Folge zu einer beschleunigten Konzentration des Produktivkapitals führt. Wirtschaftskreisläufe verschieben sich zunehmend von lokalen zu globalen Dimensionen. Lokale Wirtschaftskreisläufe verschwinden zunehmend. Diese Veränderungen sind heute deutlich zu beobachten. Aus Sicht der Unternehmer wird die Konzentration der Produktionsmittel durch Kostensenkungen durch Automatisierung vorangetrieben. Die durch den technologischen Fortschritt bedingte Produktivitätssteigerung ersetzt Handarbeit und führt zu einem Überschuss an Arbeitskräften. Dieser Überschuss reduziert die Einkommen der Arbeitnehmer und macht Arbeitskräfte zunehmend überflüssig. Niemand möchte den technologischen Fortschritt missen, doch der soziale Fortschritt kann nicht folgen, da Arbeitslosigkeit ein wachsendes Phänomen der Neuzeit und von globalem Ausmaß ist. Arbeitslosigkeit oder niedrige Einkommen schließen Menschen vom Wohlstand aus und können als moderne Form der Ausbeutung betrachtet werden, die gleichzeitig die Konzentration von Reichtum beschleunigt.
Wie bereits erwähnt, ist
die Nachfrage nach Krediten bzw. neuem Geld aus aggregierter Sicht stets höher
als die verfügbaren und leihbaren Ersparnisse. Dies führt zu einer nie endenden
Nachfrage nach neuen Krediten und einem nie endenden Wachstum der Geldspirale.
Die Schuldner müssen produktiv sein, um Erträge zur Tilgung ihrer Forderungen
zu erzielen. Dies überträgt den Wachstumszwang auf die reale Wirtschaft. Bei
neutralem Geld ändern sich nur die Preise, nicht aber die Produktivität. Die
Produktivität bleibt konstant. Ist das Geld jedoch nicht neutral, muss die
Produktivität steigen.
Reiche Geldbesitzer
können nur einen kleinen Teil ihres Geldes für Konsum ausgeben. Ein Teil des
Geldes verbleibt im Spekulationsraum. Spekulationsraum bezeichnet den Handel
mit Eigentumsrechten mit wenig bis gar keinem Einfluss auf die Nachfrage nach
materiellen Gütern und Dienstleistungen. In der früheren Freigeldtheorie wurde
dies als „Hortung von Geld“ bezeichnet
2.3 Zwang zur Kapitalisierung
Gewinne jetzt zu erzielen
ist besser als in der Zukunft, da das verdiente Geld in der Zwischenzeit durch
Zinsen zusätzlichen Gewinn generiert. Dies führt zu kurzfristigerem Denken und
Handeln, wie wir dies an den Finanzmärkten beobachten können. Der Fokus
verlagert sich vom Nutzen realer Güter und Dienstleistungen hin zum
kurzfristigen Gewinn. Dies beeinflusst maßgeblich wirtschaftliche und
politische Entscheidungen hin zu mehr Wachstum, um alle Arten von Geschäften
und Transaktionen zu beschleunigen.
Aus Sicht einer
friedlichen bzw. nachhaltigen Gesellschaft sind Zinsen eine große Belastung.
Aus Sicht der Kapitalrendite sind sie ein unantastbares Heiligtum. Es ist
nahezu unmöglich, Zinsen in Frage zu stellen, da sie in fast allen
Gesellschaften als selbstverständlich angesehen werden. Andererseits wäre es
eine verpasste Gelegenheit, die Zinsfrage zu ignorieren. Wenn wir die dem
System innewohnenden Herausforderungen verstehen, können wir es möglicherweise
verbessern oder zumindest seine negativen Auswirkungen besser vorhersagen.
Abgesehen von der Gerechtigkeitsfrage[1], die diesen Aufsatz sprengen würde und für die
dieses Geldsystem denkbar ungeeignet scheint, sind deflationäre Krisen ein
fester Bestandteil des Systems und ein Thema, dass eine genauere Betrachtung
verdient. In der Orthodoxe Ökonomen spricht man von
Marktbereinigungsmechanismen oder schöpferische Zerstörung.
3 Das Wesen der Finanzkrise
Abbildung 6) Zeitpunkt für Krisen |
Das Bruttoinlandsprodukt sinkt und die Geldmenge schrumpft, weil Gläubiger den Verlust ihrer Investitionen befürchten. Dies sollte sich als horizontale Linie auf der monetären Zeitachse widerspiegeln. Es könnte zu Gewalt führen, wenn diese Ereignisse die Existenz großer Teile der Gesellschaft bedrohen. Zahlreiche Kriege, Bürgerkriege und Revolutionen in der Weltgeschichte zeigen, dass dies immer wieder vorkommt. Anders als in der Vergangenheit sind wir mit modernen Waffen jedoch viel eher in der Lage, uns in eine Steinzeitzivilisation zurück zu bomben. Daher ist es ratsam, unser Geldsystem humaner zu gestalten.
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Abbildung 7) Geldmenge M3 US Dollar von 1900 bis 2006 (FRED Economic Data, 2007) |
Abbildung 7) zeigt die aggregierte Geldmenge M3 des US-Dollars. Die durchgezogene Linie zeigt die reale Geldmenge des US-Dollars. Die gepunktete Linie zeigt eine hypothetische Exponentialkurve mit 7 % Wachstum pro Jahr. Auffällig ist, wie sich das Wachstum des US-Dollars an die Exponentialkurve anpasst. Diese Linie wird in Krisenzeiten durch horizontale Sprünge unterbrochen, wie beispielsweise während der Weltwirtschaftskrise von 1929, gefolgt vom Zweiten Weltkrieg, der US-Rezession von 1990/91 und der Dotcom-Krise von 2000. Die Aufzeichnung endet im März 2006, daher müssen wir auf den Euro umsteigen.
3.1 Die Grenzen des Geldmengewachstums
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Abbildung
8) Geldmenge M3 EURO von 1998 bis
2024 (statista, 2025) |
Abbildung 8) zeigt die
Geldmenge des aggregierten M3 der Währung Euro. Die durchgezogene Linie zeigt
die aufgezeichnete Geldmenge, die gepunktete Linie stellt eine hypothetische
Exponentialkurve mit 7 % Wachstum pro Jahr dar. Die Geldmenge des Euro wächst
bis zur letzten Krise im Jahr 2008 ebenfalls exponentiell, um danach leicht
abzufallen und 2 Jahre später mit einem geringeren Wachstum von ca. 3%
(gestrichelte Linie) wieder anzusteigen.
3.1.1 Darstellung des relativen vs. absoluten Geldmengenwachstums
Es gibt verschiedene
Möglichkeiten, das Geldmengenwachstum darzustellen. Das relative
Geldmengenwachstum gibt das Wachstum in Prozent an. Dies ist die
Standarddarstellung in der Ökonomie. Sie ermöglicht eine schnelle Reaktion auf
Veränderungen des Geldmengenwachstums. Zinssätze und Interventionsgrenzen
lassen sich einfach durch horizontale Linien darstellen.
Für diesen Aufsatz
bevorzuge ich jedoch das absolute Geldmengenwachstum. Es veranschaulicht das
geometrische Wachstum des Systems und entspricht der Aktivseite des monetären
Zeitstrahls. Diese Darstellung eignet sich besser zur Beschreibung des Systems,
seiner makroökonomischen Zusammenhänge, für langfristige Prognosen und wird in
der Zinskritik bevorzugt. In dieser Darstellung müssen die Zinssätze mittels
Zinseszins extrapoliert und der entsprechende Ausgangspunkt gefunden werden
(siehe z. B. die 3%-Kurve in Abbildung 8).
Die Graphen der absoluten
Geldmenge M3 des US-Dollars und des Euro zeigen erwartungsgemäß einen
exponentiellen Trend. In Nichtkrisenzeiten liegt das Kurvenwachstum
überraschend nahe bei 7 %. Dies ist die durchschnittliche Zinsrendite aller
Kreditgeschäfte eines Jahres. Es scheint die maximale Rendite zu sein, die
diese entwickelten Volkswirtschaften wie die USA und Westeuropa erzielen
können, ohne einen Kollaps zu riskieren. In der Zinskritik wird diese Grenze
als natürlicher Zins bezeichnet. Die horizontalen Stufen in diesen Kurven
bestätigen jedoch, dass dieses Geldsystem nicht völlig stabil ist und zu
schwerwiegenden Ereignissen auf der monetären Zeitachse führen kann.
Deflationäre Krisen sind die Ursache für diese Stufen, denn in dieser Zeit
stagniert das Geldmengenwachstum.
Auf den Finanzmärkten
gilt das Prinzip der Gewinnmaximierung. Es ist der kontinuierliche Versuch, die
Grenzen des Systems in Richtung höherer Gewinne zu verschieben und damit auch
die Grenzen des natürlichen Zinssatzes zu überschreiten. Gelegentlich gelingt
dies, wie wir in der letzten Krise gesehen haben. Die erhöhte Kreditaufnahme
bzw. Geldschöpfung führt dazu, dass die Schuldnerseite mit der Zeit in
Zahlungsschwierigkeiten gerät. Sobald dies sichtbar wird, beginnt eine
Abwärtsspirale. Die Gläubigerseite stellt die Kreditvergabe ein, um Verluste zu
vermeiden.
Ab diesem Zeitpunkt wird
die Versorgung mit Kapital eng. Erste Schuldner, in der Regel Unternehmen,
gehen in die Insolvenz. Personal wird entlassen. Ein Teil der Bevölkerung
verliert Einkommen. Die Kaufkraft nimmt ab. Sinkende Kaufkraft bedeutet
sinkende Nachfrage, und sinkende Nachfrage führt zu sinkenden Preisen. Die
gesamtwirtschaftliche Nachfrage bricht ein. Die Zunahme von Insolvenzen führt
zu einem Überangebot von Vermögenswerten aus der Insolvenzmasse. Die führt zu
einem Preisverfall von Vermögenswerten. In Erwartung fallender Preise kommt es
zu einer weiteren Kaufzurückhaltung von Vermögenswerten. Dies verschärft die
deflationären Effekte. Am Ende erlaubt
der Preisverfall der Gläubigerseite günstig Produktivkapital einzukaufen. Damit
kommt es in der Regel zu einer weiteren Kapitalkonzentration bzw.
Gewinnmaximierung weniger, aber finanzstarker Marktteilnehmer.
Die Stufen im monetären
Zeitstrahl sind leicht zu erklären, da Gläubiger in Zeiten unsicherer Renditen
keine Kredite vergeben. Sobald Gläubiger jedoch keine Kredite mehr vergeben,
können sie kein Geld mehr durch Zinsen verdienen, und das Geldmengenwachstum
muss gegen Null tendieren. Entgegen der Behauptung vieler orthodoxer Ökonomen
führen niedrige Zinsen nicht zwangsläufig zu einer höheren Geldnachfrage oder
einem Anstieg der Geldmenge. Diese Aussage trifft in Zeiten einer deflationären
Krise nicht zu, zumindest nicht für die Geldmenge M3.
3.1.3 Untergrenze des
Geldmengenwachstums
3.1.4 Die Aufgaben der Zentralbank
Zentralbanken müssen für
einen stabilen Geldkreislauf sorgen. In einem zinsbasierten System werden sie
versuchen, das Geldmengenwachstum im Bereich des Unter- und Obergrenzen-zins zu
halten. Kurzfristige Unter- bzw. Überschreitung der Grenzzinsen sind belanglos.
Langfristig sollte sich das Geldmengenwachstum jedoch im Korridor von Unter-
und Obergrenzen-zins bewegen. Der Grenzzins ist von der langfristigen
wirtschaftlichen Entwicklung abhängig und kann für jeden Währungsraum anders
sein, was interessante Fragen aufwirft.
Überschreitung des
Obergrenzen-zinses ist Geldmengenausweitung über multipler Geldschöpfung. In
diesem Fall wird die Zentralbank den Leitzins anheben. Eine Unterschreitung des
Untergrenzen-zinses bedeutet Stagnation des Geldkreislaufes. In diesem Fall wird
die Zentralbank den Leitzins absenken. Bei sehr hartnäckiger Stagnation kann
der Leitzins sogar negativ werden. Die Zentralbanken haben aus der letzten
Finanzkrise gelernt. Vielleicht gab es zu viele Verluste, sodass sich der Markt
aktuell selbst reguliert. Schließlich liegt die letzte Deflationskrise 17 Jahre
zurück. Aber das System ist und bleibt auf Profit ausgelegt. Stabilisierung und Kontrolle bleiben daher ein schwieriges Thema.
Hyperinflation
entsteht, wenn Geld in großem Umfang ohne Kredit geschaffen wird und das
Wachstum deutlich über dem liegt, was der private Sektor der Volkswirtschaft
erreichen kann. Beispielsweise, wenn Zentralbanken neue Staatsschulden über
einen längeren Zeitraum direkt finanzieren, und zwar in einer Höhe, die die
Wachstumsrate der Zinsobergrenze deutlich übersteigen.
Die Gesamtverschuldung
setzt sich aus öffentlichen Schulden und Schulden des privaten Sektors
zusammen. Im privaten Sektor wird noch zwischen Unternehmensschulden und
Privatschulden unterschieden. Geld wird gegen Zinsen verliehen, um eine Rendite
zu erzielen. Die Rendite muss von den Schuldnern zurückgezahlt werden, die
dafür arbeiten müssen. Dies wird mit dem Sprichwort „Geld muss arbeiten“
beschrieben. Somit ist das Wachstum der Geldmenge und das Wachstum der Schulden
direkt miteinander verbunden. Da die Geldmenge exponentiell wächst, muss auch
die Gesamtverschuldung zwangsläufig diesem Wachstum und dieser Form folgen.
In diesem Zusammenhang
nimmt die Staatsverschuldung eine Sonderstellung ein. Seit Jahrhunderten ist es
gängige Praxis, fällige Verbindlichkeiten durch neue Schulden zu ersetzen. Dies
führt zu einem sichtbaren exponentiellen Wachstum der Staatsverschuldung.
Dagegen werden die Schulden im privaten Sektor als ein Entstehen und
Verschwinden der eigenen Schulden wahrgenommen. Dies verschleiert die Tatsache,
dass der Gesamtwert der Schulden des privaten Sektors ebenso exponentiell
wächst wie die Staatsschulden.
Paradoxerweise diskutiert
der aktuelle Mainstream ausschließlich über die Staatsverschuldung. Theoretisch
ist es möglich, die Staatsverschuldung von der Gesamtverschuldung zu trennen,
um die Staatsverschuldung zu reduzieren. Will die Mehrheit jedoch Kapitalwachstum,
also Gewinne, muss ein Teil der Staatsverschuldung vom privaten Sektor
übernommen werden, da Geldmengenwachstum untrennbar mit Schuldenwachstum
verbunden ist.
In einem zinsbasierten
Geldsystem ist Schuldenwachstum unvermeidlich. Wir können die
Gesamtverschuldung nicht reduzieren. Das System lässt das nicht zu. Es geht
daher um die Frage, wer die Schulden machen soll, der öffentliche oder der
private Sektor.
Aus Sicht einer
hochentwickelten öffentlichen Verwaltung sind Schulden in einem zinsbasierten
Geldsystem ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Einnahmen. Der Abbau
öffentlicher Schulden führt zu einer Reduzierung öffentlicher Dienstleistungen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, öffentliche Schulden abzubauen: Entweder wird auf
einen Teil öffentlicher Dienstleistungen verzichtet, oder der private Sektor
übernimmt die Schulden. Er übernimmt jedoch Dienstleistungen nur, wenn sie
profitabel sind. Die Kosten für Daseinsvorsorge und Infrastruktur können
dadurch erheblich steigen. Unrentable Dienstleistungen müssen durch Ehrenamt
und Wohltätigkeit erbracht werden, wie es in informellen oder gemeinnützigen
Volkswirtschaften üblich ist. Beispielsweise sichert gemeinnütziges Verhalten
das Überleben großer Teile der Bevölkerung in stark unterentwickelten
Volkswirtschaften. Unterentwickelte Volkswirtschaften können auch als
Äquivalent zu unterentwickelten öffentlichen Verwaltungen betrachtet werden.
Korruption ist die Anwendung marktwirtschaftlicher Prinzipien im öffentlichen
Sektor durch Ausnutzung des staatlichen Monopols. Dort ist es angebracht, dass
der Markt sich selbst regulieren sollte.
Die Übertragung
öffentlicher Schulden in den privaten Sektor ist Privatisierung. Nicht nur
öffentliche Dienstleistungen, sondern auch Infrastruktur und Boden werden in
Privatbesitz überführt. Die Finanzmärkte sind scharf auf die Gewinne, die durch
diese Privatisierung erzielt werden können. Allerdings sollte sich die
Öffentlichkeit darüber im Klaren sein, dass die Schulden auch bei einer
Übertragung in private Eigentumsstrukturen zurückgezahlt werden müssen. Diese
Rückzahlung erfolgt durch die Bezahlung der jeweiligen Nutzung nun privater
Dienstleistungen. In der Praxis beobachten wir beispielsweise stark steigende
Wohnungsmieten.
Ein Vorteil der
Refinanzierung öffentlicher Schulden durch Neuverschuldung an den Finanzmärkten
besteht darin, dass sie eine Investition der Geldbesitzer in ihre eigenen
Erträge darstellt. Der Vorteil für die Anleger besteht darin, dass sie ihr Geld
in sichere Anleihen investieren. Sie profitieren somit direkt und indirekt von
den Vorteilen einer funktionierenden oder verbesserten öffentlichen
Infrastruktur. Neben der verbesserten öffentlichen Infrastruktur besteht der
Vorteil für die Öffentlichkeit darin, dass ein Teil des spekulativen Geldes
vorübergehend in die Realwirtschaft zurückfließt. Wenn wir davon ausgehen, dass
die großen Geldvermögen wenig bis gar nicht besteuert werden (öffentlich ein
Tabuthema), dann könnte man Staatsanleihen als Steuer des reichen Mannes
bezeichnen.
Kostenneutral für die
Öffentlichkeit ist es, wenn das Wachstum der Neuverschuldung den aggregierten
Zinssätzen der fälligen Staatsschulden entspricht oder diese übersteigt. Im
Gegensatz dazu bedeutet der Abbau der öffentlichen Schulden eine Verlagerung der
Schulden auf den privaten Sektor, die letztlich auch zurückgezahlt werden
müssen. Nur die Verteilung der Zahlungen ist anders und wahrscheinlich
ungerechter.
Entspricht das Wachstum
der Neuverschuldung den aggregierten Zinssätzen für fällige Staatsschulden
unter Berücksichtigung des Geldmengenwachstums einschließlich der
Inflationsrate, dann ist es für die Stabilität der Währung neutral. Das
Wachstum der Neuverschuldung entspricht dem Wachstum der Geldmenge. In einer
stabilen Volkswirtschaft sollte sich der Zinssatz für neue Staatsschulden am
Geldmengenwachstum orientieren. In Zeiten wirtschaftlicher Überhitzung sollte
die Neuverschuldung unter dem Zinssatz für Geldmengenwachstum liegen. In Zeiten
einer Rezession kann oder sollte sie das Geldmengenwachstum übersteigen. Ein
vorübergehender Anstieg der Neuverschuldung über das Geldmengenwachstum
gefährdet die Geldmengenstabilität nicht. Ein dauerhafter Anstieg der
Staatsverschuldung würde jedoch unweigerlich zu Hyperinflation führen.
Große Volkswirtschaften
können Kredite in ihrer eigenen Währung aufnehmen. Dies ermöglicht ihnen, ihre
Währungen innerhalb der beschriebenen Grenzen über ihre eigenen Zentralbanken
abzusichern. Dies bietet ihnen einen etwas besseren Schutz vor Spekulationen an
den Finanzmärkten. Sie können sich nicht nur zu viel, sondern auch zu wenig
verschulden. Grundsätzlich wäre es die Pflicht starker Volkswirtschaften mit
Hilfe ihrer Staatsanleihen, die Weltwirtschaft während einer Rezession durch
entsprechende Konjunkturprogramme zu stabilisieren und die negativen Folgen von
Spekulationsblasen zu entschärfen. Kleinere Volkswirtschaften müssen Kredite in
Fremdwährungen aufnehmen. Sie haben damit nur wenig Möglichkeiten für
Investitionen oder gehen früher oder später in die Schuldenfalle.
![]() |
Abbildung 10) Staatsverschuldung Deutschland
von 1950 bis 2024 (DESTATIS, 2025) |
Die deutschen Wörter für
„Schulden“ und „schuldig sein“ haben eine sehr ähnliche Bedeutung. Deutschland
hat sehr schlechte Erfahrungen mit der Hyperinflation von 1924 und der
Weltwirtschaftskrise von 1929 gemacht, wobei in der öffentlichen Wahrnehmung nicht
scharf zwischen den beiden Ereignissen und ihren Ursachen unterschieden wird.
Manchmal wird dieser Zeitraum als eine Zeit der Hyperinflation betrachtet und
daher große Angst vor Inflation ausgelöst. Als Ursache für Inflation werden
vorzugsweise verschwenderische öffentliche Schulden genannt. Daher war es für
fast alle deutschen Politiker auch nach dem Zweiten Weltkrieg üblich, eine
Reduzierung der öffentlichen Verschuldung zu versprechen. Es ist daher
unwahrscheinlich, dass die deutsche Öffentlichkeit und Regierung die
unverantwortliche Ausgabe von Staatsanleihen akzeptieren würden. Aus dieser
Sicht und in Anbetracht des Wachstums der deutschen Staatsverschuldung in
Abbildung xx wären alle deutschen Regierungen gescheitert. Betrachtet man
jedoch zusätzlich die gepunktete Linie, die eine hypothetische Kurve mit 7 %
Wachstum und einem Sprung im Zeitraum der Wiedervereinigung darstellt, und geht
davon aus, dass sie dem durchschnittlichen Geldmengenwachstum in diesem
Zeitraum entspricht, so wuchsen die deutschen Staatsschulden korrekt entlang
der neutralen Linie, auf der Schulden und Geldmenge vergleichbar wachsen. Das
bedeutet, die Kosten für Schulden waren neutral und die Einnahmen konstant.
Der Deutsche Bundestag
hat ein Gesetz (Artikel 109 Absatz 3 des Grundgesetzes) in die Verfassung
aufgenommen, die sogenannte Schuldenbremse. Diese stellt im Wesentlichen eine
Verpflichtung zur Reduzierung der Neuverschuldung dar. Sie soll strukturelle Haushaltsdefizite
auf Bundesebene begrenzen und die Ausgabe von Staatsanleihen einschränken. Die
Regel begrenzt die jährlichen strukturellen Defizite auf 0,35 % des BIP. Es ist
fraglich, ob Deutschland diese Verpflichtung einhalten kann, ohne größere Probleme
für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft zu verursachen.
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Abbildung 11) Die Wirkung der Schuldenbremse |
Abbildung 11) zeigt, was passieren würde, wenn die deutsche Regierung die neutrale Schuldenkurve gemäß der Schuldenbremse aufgeben würde. Wie bereits beschrieben, entsteht auf der Schuldenseite eine Lücke im monetären Zeitstrahl, die durch Privatisierung geschlossen werden muss. Aus den Erfahrungen der letzten Finanzkrise lässt sich schließen, dass der private Sektor langfristig nicht in der Lage ist, das Zahlungsgleichgewicht zwischen Gläubigern und Schuldnern aufrechtzuerhalten. Die Ursache für den Rückgang der Geschäftstätigkeit im privaten Sektor kann im Rückgang des Geldumlaufs infolge des sinkenden Vertrauens in die Zahlungsfähigkeit des Marktes gesehen werden. Es unterbricht die Kontinuität des Verleihens und Ausleihens von Geld, die die Grundlage der Marktsolvabilität bildet.
Am Ende muss der
öffentliche Sektor den privaten Sektor unterstützen, um eine Kettenreaktion von
Insolvenzen zu vermeiden. Der öffentliche Sektor muss die schwindende Nachfrage
des privaten Sektors und der Interbankengeschäfte ersetzen. Dafür wird privates
Geld benötigt, was in der Folge zu neuer Verschuldung führt. Daraus ergeben
sich zwei Möglichkeiten: Entweder kann der öffentliche Sektor versuchen, die
neutrale Schuldenlinie beizubehalten, was zu einer hohen Verschuldung führt,
oder er kann versuchen, neue öffentliche Verschuldung zu vermeiden, auf Kosten
des Verlusts von Teilen des öffentlichen Wohlstands und am Ende auf dem
gleichen Verschuldungsniveau.
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Abbildung 12) Staatsverschuldung
Deutschland von 1950 bis 2024 (DESTATIS, 2025) |
In der Praxis hat
Deutschland auf externe Schocks stets mit einer Stützung des Marktes reagiert
(siehe Abbildung 12). Mit der Einführung der Schuldenbremse am 1. August 2009
haben sich die negativen Auswirkungen der Sparmaßnahmen jedoch deutlich
verstärkt. Öffentliche Dienstleistungen werden kontinuierlich gekürzt und die
öffentliche Infrastruktur wird auf Verschleiß gefahren. Öffentlicher
Wohnungsbau wurde privatisiert und die Mieten steigen dramatisch an. Tausende
Autobahnbrücken, Schulen usw. müssen saniert werden und die Deutsche Bahn muss
dringend saniert werden. Eine kontinuierliche Wartung wäre weniger
kostenintensiv gewesen als die nachträgliche Reparatur einer möglicherweise
nicht mehr einwandfrei funktionierenden Infrastruktur. Hohe
Mieten führen zu hohen Sozialausgaben des Staates usw.
3.4 Staatliche Maßnahmen
Abbildung 13) Der Staat übernimmt Nachfrage |
4 Zusammenfassung
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